Das einstweilige Anordnungsverfahren – gut zu wissen


Nachfolgend finden Sie eine Zusammenstellung der wesentlichen Verfahrensvorschriften für ein einstweiliges Anordnungsverfahren.

Wo findet man die Verfahrensvorschriften: §§ 49 – 57 FamFG

Zuständigkeiten im einstweiligen Anordnungsverfahren

1.

Das Gericht ist zuständig, das auch in der Hauptsache entscheiden muss. Ist kein Hauptsacheverfahren anhängig, gelten die allgemeinen Vorschriften, vgl. § 50 Abs. 1 FamFG

 

2.

Wird nachträglich eine Ehesache bei einem anderen Gericht anhängig, ist das einstweilige Anordnungsverfahren an das Gericht der Ehesache abzugeben. Dies ergibt sich für Kindschaftssachen aus §153, für Wohnungszuweisungssachen und Haushaltssachen aus §202, für Unterhaltssachen aus §233, für Güterrechtssache nach §263 und sonstige Familiensache aus §268 FamFG.

 

3.

Bei einem Wechsel des Wohnsitzes können nachträglich verschiedene Gerichte zuständig sein. In einem solchen Fall bleibt das Gericht, welches sich zuerst mit der eA befasst hat, weiterhin für die einstweilige Anordnung zuständig, vgl. § 2 Abs. 2 FamFG festgelegt.

 

4.

Ist das Hauptsacheverfahren bereits in 2. Instanz, ist das Beschwerdegericht auch für die einstweilige Anordnung zuständig, vgl. § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG.

Nur auf Antrag oder von Amts wegen?

In den Fällen, in denen das Gericht im entsprechenden Hauptsacheverfahren nur auf Antrag tätig wird, ist eine eA auch nur auf Antrag zu erlassen, vgl. 51 Abs. 1 S1 FamFG. Das gilt für

  • alle Familienstreitsachen nach § 112 FamFG (Unterhalt Güterrecht und sonstige Familiensachen),
  • in Gewaltschutzsachen (§ 214 FamFG) und
  • Versorgungsausgleichsachen (§ 226 FamFG)

Aber:
In Kindschaftssachen nach § 151 FamFG bedarf es für den Erlass einer einstweiligen Anordnung keines besonderen Antrags. Dies gilt insbesondere für

  • die elterliche Sorge,
  • das Umgangsrecht und
  • die Kindesherausgabe.

Ein Antrag muss …

begründet und glaubhaft gemacht werden, vgl. § 51 Abs. 1 S. 2 FamFG.

Keine Beweisaufnahme, es sei denn …

die Parteien stellen präsente Beweismittel, vgl. § 31 Abs. 2 FamFG. Dies bedeutet: Dad Gericht lädt keine Zeugen, und die Parteien müssen diese unaufgefordert mitbringen.

Aber:

In Kindschaftssachen (elterl. Sorge, Umgangsrecht und Kindesherausgabe) muss von Amts wegen ermittelt werden, weshalb das Gericht auf eigenes Betreiben die notwendigen Informationen einholen muss.

Müssen Sie einen Anwalt nehmen?

Nein, § 114 Abs 4 Nr. 1 FamFG

 

Ein Antrag wird nur erfolgreich sein, wenn …

ein dringendes Bedürfnis besteht. Dies ist dann der Fall, wenn mit dem Zuwarten einer Entscheidung in der Hauptsache ein erheblicher Nachteil verbunden ist (OLG Köln FamRZ 07, 658).

Aber:

In Unterhaltssachen genügt ausnahmsweise, dass ein Regelungsbedarf besteht. Hieran fehlt es

  • für Ansprüche auf rückständigen Unterhalt,
  • in Fällen fehlender Zahlungsaufforderung und
  • wenn der geforderte Unterhalt laufend bezahlt wird.

Eine einstweilige Anordnung

Eine einstweilige Anordnung kann nach § 51 Abs. 2 S.2 FamFG ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, es sei denn …

 

1.

Bei Betroffenheit von Kindern

  • in Kindschaftssachen, Wohnungssachen und Gewaltschutz

ist in jedem Fall eine Anhörung des Kindes vorzunehmen; ggf. ist sie unverzüglich nachzuholen, vgl. §§ 159 Abs. 3, § 160 Abs. 4, § 205 Abs. 1, § 213 Abs. 1 FamFG. Beachten Sie: Sind Kinder betroffen, wird immer auch das Jugendamt angehört.

 

2.

Nach § 246 Abs. 2 FamFG soll jedoch eine einstweilige Anordnung in Unterhaltssachen aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen, wenn eine Sachverhaltsaufklärung erforderlich oder wenn dies für eine gütliche Beilegung des Streits geboten erscheint. 

Das Gericht schließt ein einstweiliges Anordnungsverfahren mit …

Beschluss ab, vgl. § 38 Abs. 1 FamFG.

 

Eine Versäumnisentscheidung
(Entscheidung, weil eine Partei nicht erschienen ist oder sich nicht geäußert hat) …

ist nicht statthaft, vgl. § 51 Abs. 2 S. 3 FamFG.

 

Ein Beschluss spricht …

 

nach § 49 Abs. 2 FamFG immer Gebote oder Verbote aus bzw. trifft zusätzliche Anordnungen.

Besonderheiten bei der Vollstreckbarkeit:

Laut § 53 Abs. 2 S.1. FamFG kann in Gewaltschutzverfahren und bei einem besonderen Bedürfnis die Vollstreckbarkeit bereits vor Zustellung an den Antragsgegner durch eine entsprechende Anordnung hergestellt wird.

Der Beschluss ist unanfechtbar, es sei denn …

es wurde eine Entscheidung in Sachen

  • die elterliche Sorge für ein Kind,
  • die Herausgabe eines Kindes an den anderen Elternteil,
  • eine Verbleibensanordnung,
  • einen Antrag nach Gewaltschutzgesetzes,
  • einen Antrag auf Zuweisung der Wohnung

 getroffen. Dann ist diese anfechtbar, vgl, § 57 FamFG. anfechtbar. Einstweilige Anordnungen zum Umgangsrecht sind hingegen nicht anfechtbar. 

Rechtsmittel

Das erlassende Gericht ist für die Änderung zuständig, vgl. § 54 Abs. 3 FamFG.

 

Denkbar sind:

  • Antrag auf mündliche Verhandlung, vgl. § 54 Abs. 2 FamFG
  • Antrag auf Einleitung eines Verfahrens zur Hauptsache, vgl. § 52 Abs. 1 und 2 FamFG
  • Abänderungsantrag, vgl. § 54 Abs. 1 FamFG

Beschwerdefrist

2 Wochen, vgl. § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG

 

Wo ist die Beschwerde einzulegen?

Bei dem Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, vgl. § 64 Abs. 1 FamFG.

 

Dauer der Gültigkeit eines Beschlusses im einstweiligen Anordnungsverfahren

  • In Familienstreitsachen (Unterhalt, Güterrecht u. sonstige Familiensachen) tritt eine einstweilige Anordnung erst mit Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache außer Kraft (BGH FamRZ 00, 751).
  • In Antragsverfahren tritt die einstweilige Anordnung auch mit einem anderweitigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens außer Kraft; denkbar sind z.B. Rücknahme, Abweisung oder Erledigung, vgl. § 56 Abs. 2 FamFG.
  • Auf Antrag ist das Außerkrafttreten durch Beschluss auszusprechen. Dieser Beschluss unterliegt der Beschwerde.

 

 

Unser Tipp:

Auch wenn kein Anwaltszwang besteht, sollten Sie einen Anwalt beauftragen Es geht in diesen Dingen um sehr viel und ohne fachkundige Hilfe endet dies selten gut.

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• Die Konkurrenz zwischen Hauptsacheverfahren und einstweiliger Anordnung

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